Kreistag Vorpommern-Greifswald – im Notfall mit der NPD

KH_Pasewalk

Die Kreistagssitzung am 18. Juni 2012 in Pasewalk hatte einige sehr interessante Punkte aufzuweisen.

Hier die komplette Tagesordnung mit Anträgen:

«Tagesordnung KT 18.06.12 mit Anträgen»

Der Saal war brechend voll – kaum ein freier Platz in den Zuschauerreihen zu kriegen. Mangelndes Politikinteresse? Fehlanzeige.
Manchmal kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dieses soll herbeigeredet werden.

Die Piratenpartei Vorpommern-Greifswald (Projekt Schindluder.TV – das erklären wir mal an anderer Stelle, wenn daran Interesse besteht) war vor Ort, um die Sitzung aufzuzeichnen und damit denjenigen die Teilnahme zu ermöglichen, die aus Zeit- und/oder Kostengründen nicht persönlich den Weg nach Pasewalk (bekanntlich ja zentral im neuen Großkreis gelegen…) antreten konnten.

 

Nun – die ersten 25 Minuten können wir anbieten:

 

 

 

 

Auf Antrag der NPD wurde über die Zulässigkeit unserer Übertragung abgestimmt.

Von 63 anwesenden Abgeordneten stimmten 29 dem NPD-Antrag gegen eine Übertragung zu.

Daraus ziehen wir zwei interessante Schlussfolgerungen:

  1. Für uns nicht überraschend: der NPD geht es nie um sachbezogene Politik. Während sie in einem anderen Kreistag die Übertragung beantragt, um die anderen Fraktionen zur Ablehnung zu bringen, beantragt sie hier die Unterbindung.
  2. Für uns durchaus überraschend: obwohl mittlerweile alle anderen Fraktionen eigene Anträge zur Übertragung von Kreistagssitzungen eingebracht haben, der Kreistag bereits die Verwaltung mit der Schaffung der technsichen Voraussetzungen beauftragt hat, stimmen 23 der anderen Kreistagsabgeordneten lieber einem NPD-Antrag zu als die Übertragung tatsächlich zuzulassen.

Offensichtlich ist der Kreistag Vorpommern-Greifswald nicht in der Lage, die Umsetzung der eigenen Beschlüsse durch die Kreistagsverwaltung zu erreichen. Ehe man aber „irgendwelchen Privatpersonen“ gestattet, diese Lücke zu füllen, sperrt man lieber die erweiterte Öffentlichkeit ganz aus.
Sonntagsreden zu mehr Bürgerinformation und -beteiligung werden zwar immer wieder gern geschwungen – aber diese sind ja längst nicht mehr ernst zu nehmen.
Notfalls verhindert man im Schulterschluss mit Typen vom rechten Rand gemeinsam, dass Sitzungen übertragen werden. Könnte ja sonst einer auf die Idee kommen, zuzugucken…

Uns bleibt immer noch rätselhaft, welche technischen Voraussetzungen für eine simple Videoaufzeichnung durch die Verwaltung erst noch geschaffen werden müssen. Einen Laptop wird diese ja wohl haben und eine normale Kamera dürfte auch aufzutreiben sein.
Wahrscheinlich soll der Kreistag wohl später mal in 3D übertragen werden. Das will natürlich vorbereitet sein…

Wie schon häufiger in Aussicht gestellt, soll es bei der nächsten Sitzung aber klappen. Dann filmt die Verwaltung selbst. Ganz bestimmt.
Wenn nicht die Kreistagsabgeordneten das zusammen mit der NPD untersagen. Mal sehen.

Wir haben dann auf Liveprotokoll umgeschaltet, das hier

«https://hgw.piratenpad.de/190»

erreichbar ist.

Schnelldurchlauf:

  • 3. Beigeordneter gewählt: Nachdem Jürgen Kanehl (SPD), ehem. Bürgermeister von Wolgast, weniger Stimmen erhielt als SPD-Abgeordnete da waren, wurde Dirk Scheer (parteilos, Greifswald) gewählt.
  • Zulässigkeit Bürgerbegehren „Pro Option“: Der Kreistag beschloss, dieses Bürgerbegehren nicht zuzulassen (Hintergrund siehe unser Artikel «Kampf der Beamten»
  • Antrag zur Schweinefabrik Alt Tellin: Es sollte eine Aussage aus dem poltitischen Raum getroffen werden, dass die vielfachen Gesetzesverstöße durch den Investor in Alt Tellin dazu führen, dass man die Anlage als solche unterbindet. Ergebnis: die Mehrheit der Kreistagsabgeordneten meint, dass die Verwaltung das auch ohne politische Rückendeckung hinbekommt. Die massive politische Einflussnahme des Landes wurde nicht thematisiert.
  • kein Deichrückbau zwischen Karlshagen Hafen und Ortslage Peenemünde auf Usedom: Mal sehen, was daraus im Amt Usedom Nord gemacht wird. Hierzu dürfte die öffentliche Debatte in den nächsten Tagen vor Ort noch an Schwung gewinnen.
  • Flughafen Heringsdorf: Es klang durch, dass etliche Abgeordnete gern den Kreis aus der finanziellen Verantwortung nähmen. Offensichtlich schlecht inhaltlich vorbereitet – der Flughafen wurde clevererweise unter Beteiligung der örtlichen Touristiker als kommunale GmbH aufgezogen. Während die Vorteile den regionalen Großakteuren der örtlichen Wirtschaftskraft dient, gleicht die Allgemeinheit die durch günstige Ticketpreise entstehenden Defizite aus. Das Zimmermädchen aus Ahlbeck finanziert also quasi den Urlaub ihres gut situierten Gastes mit. Das ist Gastfreundschaft und Solidarität, wie man sie heute versteht.

13 Gedanken zu “Kreistag Vorpommern-Greifswald – im Notfall mit der NPD

  1. Klaus Reinke

    Guten Tag allerseits.

    Können Sie es nicht einrichten, daß Ihre wirklich interessanten Berichte (Protokolle) einen Link zum Ausdrucken bekommen? Dann könnte man diese weiterreichen an Leute die mit dem PC nichts „am Hut“ haben oder keinen besitzen.

    Ich grüße Sie

    Klaus Reinke

    • Wenn mit Protokollen die Pads gemeint sind: einfach markieren und drucken. Für die Artikel guck ich mal, ob ich in wordpress die Möglichkeit finde, Druckversionen anzeigen zu lassen.

      • Es geht noch viel „schöner“: Über den Button „Import/Export“ kann man einfach ein PDF generieren.

        Den Button findet man oben unter der grauen Leiste „Piratenpad“.

  2. Zuviel Transparenz ist nie gut, das führt nur zu ewigen Debatten und letztendlich zur Handlungsunfähigkeit. Deshalb ist es wichtig das gewählte Volksvertreter so richtig durchregieren können ohne durch solche PillePalle gestört zu werden.

    • Das politische Transparenz als „PillePalle“ bezeichnet wird, sagt leider viel über das jetzige Politikverständnis der Etablierten aus. Eine Kamera hat wohl keinen aktiven Einfluss auf die Entscheidungsfindung der Regierenden. „Sie“ können ja weiter so handeln/regieren, wie bisher, nur dass die Öffentlichkeit das dann eben sieht. Oder soll ich Sie mal mit eigenen Argumenten (Thema öffentliche Überwachung/Vorratsdatenspeicherung) konfrontieren: „Wer nichts zu verbergen hat, sollte keine Probleme mit Überwachung/Kameras haben.“.

      • Ich wäre mir nicht so sicher, ob es wirklich keinen Einfluss auf die Entscheidungsfindung hat. Ich hoffe, dass nicht jede einzelne Debatte zur Selbstinszinierung und idiologischen und/oder populistischen Show ausartet. Ich teile den Gedanken mehr Kameras auf die Regierenden (und zwar nicht nur, wenn jene das wollen) und weniger aufs Volk, allerdings ist auch hier das gerechtfertigte und gesunde Maß zu suchen.

        Ob Sie sich auf diese primitive Argumentation der Überwachungsstaatler herablassen wollen steht wohl auch in Frage 😉

        Gruss

  3. warum sind einige stellen im video rausgeschnitten? ansonsten isses ne coole sache und mit guter qualität!

    • Da ist nichts rausgeschnitten. Kleiner Bedienungsfehler von mir. Ich hatte zum Schluss 13 jeweils 2 min lange *.flv-Videos, die ich dann wieder zusammenfügen musste. Daraus resultierten dann die kleinen Sprünge und der teilweise auftretende Tonlag.

  4. Jürgen A. Erhard

    Man *könnte* ja irgendwelche Gedanken zu NPD und Meck-Pomm kriegen… aber „honi soit…“ wie schon die Altvorderen (oder war’n’s die Ewiggestrigen) sagten… 😛

  5. „Offensichtlich schlecht inhaltlich vorbereitet – der Flughafen wurde clevererweise unter Beteiligung der örtlichen Touristiker als kommunale GmbH aufgezogen. “

    Sachkenntnis hat einer Diskussion noch nie geschadet. Die Flughafen Heringsdorf GmbH wurde 1991 initiiert durch Leute, die schon zu DDR-Zeiten am Thema Fliegen dran waren mit ganz eigenen Interessen, da gab es noch gar keine privaten Hotelbetreiber. Der Ausbau wurde durch den Landkreis Wolgast auf Druck der Fluggesellschaft Germania 1992 in Gang gesetzt.

    Wenn das der Politikstil der Piraten ist, seid ihr leider auch nicht anders als die von euch kritisierten.

    • Ok, die Erwartungen an jeden einzelnen Piraten sind wahrscheinlich extrem hoch.
      Jeder (auch vermeintliche) Patzer in den Formulierungen zieht daher wohl auch entsprechend starke Enttäuschung nach sich.
      Damit müssen wir wohl leben, denn fehlerfrei ist keiner. Dass damit nun immer gleich sämtliche Grundsätze der Piratenpartei in Frage zu stellen sind, halte ich zumindest für überzogen.

      Die kritisierte Formulierung ist tatsächlich etwas irreführend.
      Ersetze „Touristiker“ durch „vom Flugverkehr direkt Profitierende“ – damit ist die Entwicklung seit 91 abgebildet. Eins hat sich über die Jahre nicht geändert: die Vorteile sind privatisiert, die Nachteile kommunalisiert.

      Ich muss jedoch darauf hinweisen, dass es noch keine ausdiskutierte Haltung des Kreisverbandes der Piratenpartei Vorpommern-Greifswald zur Thematik Flughafen Heringsdorf gibt.
      Die kommunale Themenbreite ist derart aufgefächert, dass es trotz zahlreicher formulierter Grundsatzpunkte immer noch etliche Detailfragen, insbesondere im Landkreis, gibt, zu denen es noch keine ausgefeilten Beschlüsse gibt.

      Fakt ist jedoch, dass der Flughafen Heringsdorf massiv defizitär arbeitet und die Defizite durch den Landkreis ausgeglichen werden müssen.

      Einige Abgeordnete schienen in dem Glauben zu sein, über die Höhe der Zuschüsse Entscheidungen treffen zu können. Das war mit „schlecht vorbereitet“ gemeint, denn die Gesellschaftsform ist so angelegt, dass der Kreis gezwungen ist, die entstehenden Defizite auszugleichen.

      Der Handlungsspielraum ist an dieser Stelle gleich Null. Ob es im Kreis nicht wichtigere Aufgaben gibt, als den einfliegenden gut betuchten Touristen die Flugpreise erträglich zun halten, darf diskutiert werden.

      Wer in diesem Sektor seine Brötchen verdient, hat dazu sicher eine klare Meinung. Ist auch nicht vorwerfbar – aber diskutabel.

      Selbst bei einem Verschenken der kommunalen Beteiligung brächte das dem Landkreis eine halbe Million Euro jährlich ein.

  6. Natürlich ist es diskutabel, muss es auch sein in einer Demokratie. Nur sollte die Diskussion sachlich und mit Kenntnis geführt werden. Das mit den Hoteliers stimmte nicht und darum allein ging es mir.

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